Chemiebetrieb Biochema in Vollbrand (1997)
Am 23. Januar 1997 brannte in Memmingen ein Industriegebäude, in dem zwei Chemiebetriebe untergebracht waren. Insgesamt waren neben der Polizei und dem Rettungsdienst die Feuerwehren sowie das THW mit 473 Einsatzkräften und 45 Fahrzeugen im Einsatz.
Herausfordernder Großbrand: Chemikalien, enge Bebauung und Schienenverkehr
Da keine Brandmeldeanlage vorhanden war, wurde der Brand von Anwohnern erst bemerkt, als das Feuer bereits die Dachhaut durchbrochen hatte. Dies wurde um 3:04 Uhr über den Notruf der Polizeiinspektion Memmingen mitgeteilt, die die Feuerwehr Memmingen mit der Alarmstufe 7 – Großbrand mit Gefahrgut – alarmierte. Der erste Löschzug traf um 3:11 Uhr am etwa 1,5 Kilometer von der Feuerwache entfernten Brandobjekt ein.
Da dem Einsatzleiter, dem damaligen Stadtbrandrat Bernhard Feil, das Schadensobjekt von mehreren Begehungen und Übungen bekannt und das Brandausmaß schon bei der Anfahrt zu erkennen war, ließ er zusätzlich die Feuerwehren Amendingen, Steinheim und Ottobeuren nachalarmieren.
In beiden Betrieben der Firma Biochema sowie der Firma Purga-Chemie, die in einem Gebäudekomplex zum einen technische Konservierungsmittel und zum anderen Reinigungsmittel herstellten, lagerten größere Mengen Chemikalien und Verpackungsmaterial. Außerdem waren Fahrzeuge abgestellt. Auf der Ostseite des Betriebsgeländes grenzten unmittelbar Gleisanlagen an.
Die Einsatzkräfte löschten auch von den Gleisen der Bahnstrecke München-Lindau aus den Brand ab. Ein Tankzug mit 25 Kesselwagen, die Benzin geladen hatten, konnte gerade noch rechtzeitig vor dem Vorbeifahren gestoppt werden.
Durch die beim Eintreffen vorgefundene Brandausweitung bei der Firma Biochema bestand die Gefahr, dass sich der Brand auf die Firma Purga-Chemie im Südteil des Gebäudes ausweitet. Außerdem waren mehrere angrenzende Betriebe unmittelbar gefährdet. Um ein Übergreifen auf noch nicht vom Brand betroffene Betriebs- und Laborbereiche zu verhindern, wurde die Freiwillige Feuerwehr Benningen sowie die Fliegerhorstfeuerwehr Memmingerberg um 3:15 Uhr zur Verstärkung nachalarmiert.
Um 3:34 Uhr fand eine weitere Nachalarmierung der Feuerwehren Buxheim, Dickenreishausen, Eisenburg, Memmingerberg und Volkratshofen statt.
Kurz zuvor ereignete sich in einer mittig gelegenen Halle eine Explosion, der Brand drohte nun unmittelbar auf weitere Hallen überzugreifen. Dies konnte durch einen gezielt vorgetragenen Innenangriff verhindert werden. Besonders gefährliche Chemikalien wurden mit Hilfe inzwischen eingetroffener Betriebsangehöriger in Sicherheit gebracht. Mit den Wasserwerfern der beiden Flugplatztanklöschfahrzeuge und der drei Drehleitern aus Memmingen und Ottobeuren wurde versucht, zwei Widerstandlinien zu halten.
Da die Löschwasserversorgung über die Hydranten bei Weitem nicht ausreichte – der Wasserverbrauch lag bei etwa 12.000 Liter/Minute – wurden sieben Versorgungsleitungen zum circa 350 Meter entfernten Stadtbach gelegt.
Trotz massivem Einsatz griff um 5:25 Uhr das Feuer auf eine weitere Halle über, in der das Fertigwarenlager und das Labor untergebracht waren.
Um 7:32 Uhr konnte der Einsatzleiter bei einer Lagebesprechung bestätigen, dass der Brand unter Kontrolle war: Das Gefahrstofflager konnte gehalten werden, die dort gelagerten Chemikalien stellten keine Gefahr mehr dar. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings auch absehbar, dass die Nachlöscharbeiten noch den ganzen Tag über notwendig sein würden. Die Nachbarfeuerwehren konnten jedoch nach und nach aus dem Einsatz gelöst werden und rückten von der Einsatzstelle ab. Eine Brandwache verblieb bis zum folgenden Tag an der Brandstelle und löschte immer wieder kleinere Glutnester ab.
Der Brand war auf eine Brandstiftung zurückzuführen. Die Schadenshöhe von ca. 7 Mio. DM ist unter anderem deshalb so hoch, weil eine Brandfrüherkennungsanlage fehlte.
Text: Feil B. (1997). Brand in Memminger Chemiebetrieb. brandwacht, 6/1997, S. 109-116.
Bilder: Foto Kroll, Memmingen. Privat. Feuerwehrarchiv.